Wolf rufend

Leitwolf oder Leitbild

Nee ich wollte nicht über den „Problemwolf“ schreiben. Obwohl? Eigentlich ist er ja gerade ein Beispiel dafür, dass nicht alles so läuft, wie man sich das ursprünglich mal vorgestellt hat. Wenn auch der NABU gerade 15 Jahre Wölfe in Deutschland feiert, so beschreibt er auf seinenSeiten auch, wie mit Gesetzgebung nun nachgebessert werden musste und durch „Entnahme“ einzelner Wölfe regulierend eingegrifffen werden muss. Geradezu grandios ist die Politik zum Wolf in Sachsen. Der NABU schreibt: „ Wieso ist der Wolf in Sachsen dem Jagdrecht unterstellt? Der Wolf ist im Bundesjagdgesetz nicht als jagdbare Tierart geführt. Die Bundesländer können aber weitere Tiere unter die Landesjagdgesetzgebung stellen. Sachsen hat sich 2012 dazu entschieden, den Wolf unter das Jagdrecht zu stellen, da sich die damalige Landesregierung dadurch eine größere Akzeptanz unter den Jägern erhoffte. Da der Wolf aber bundesweit unter besonderem Schutz steht, ist er ganzjährig mit einer sogenannten Schonzeit belegt, darf also trotzdem nicht bejagt werden.“ Da hat sich der sächsische Leitwolf ja eine einzigartige Lösung für den Problemwolf überlegt und eine Beruhigungspille in ein Gesetz gepackt, welches keinerlei Auswirkung hat.

Aber zurück nach Ganderkesee. Hier ist zwar kein Wolf gesichtet worden, aber die Zeitungen sind immer wieder voll davon. Hier geht es um eine andere Frage, die durch meinen Beitrag zum Verkehr in Ganderkesee aufgeworfen wurde. Gustav Förster schrieb in einem Kommentar auf Facebook zu dem Beitrag: „Und zu guter Letzt: ein Verkehrskonzept ohne Leitbild der Gemeinde ist ggf. schon schnell wieder überholt, denn nur ein Leitbild ermöglicht eine vernünftige Steuerung der zukünftigen Entwicklung!“(2.3.16) .

Am Thema Leitbild reibt sich so mancher. Die SPD Ganderkesee schrieb 2011 in Wahlprogramm: „Ganderkesee braucht ein zukunftsfähiges Leitbild“ mit den Unterpunkten: „Wohin soll sich unsere Gemeinde entwickeln? Wie können Gemeinderat und Verwaltung transparenter und bürgernäher handeln? Wie leben wir Integration in unserer Gemeinde? Welche Ideen und Wünsche haben Sie?“

In den fünf vergangenen Jahren ist dazu nichts passiert.

Vorbild war die Gemeinde Hude, die 2007 ein Leitbild beschlossen hat, welches ironischer Weise unter Mitwirkung der RegioVHS Ganderkesee – Hude entwickelt worden ist. Man mag darüber streiten, ob das Huder Leitbild gut geworden ist. Sie haben jedenfalls eines. Was ist überhaupt das Kriterium dafür, ob ein Leitbild gut ist?

Ein Leitbild soll Schwerpunkte setzen. Dazu braucht es Visionen. Wie soll es in zehn – fünfzehn Jahren hier in Ganderkesee aussehen. Wer soll dann hier wohnen? Wo soll er wohnen? Soll er hier auch arbeiten und einkaufen, seine Freizeit verbringen, sich weiterbilden? Es braucht Visionen und um konkret zu werden braucht es Teilziele: Was muss ich morgen tun, um das Teilziel in zwei Jahren zu erreichen? Und diese Ziele müssen, wie wir es aus der Wirtschaft gelernt haben, SMART sein.

S – für spezifiziert, genau beschrieben
M – für Messbar, das bedeutet: nachprüfbar, ob der Messwert erreicht wurde
A – für Anspruchsvoll – keine Miniziele, keine Selbstverständlichkeiten
R – für Realistisch und das heißt, man soll sich nicht übernehmen, weil das zu Frust führt
T – für terminiert. Der Zeitraum, in dem das Ziel erreicht werden soll, muss genannt sein.

Das zusammen bedeutet im Ergebnis: Politik und Verwaltung vereinbaren öffentlich Ziele und sind damit in ihrem Handeln überprüfbar. Davon halten natürlich viele handelnde Mitspieler nichts. Wie sagte die Bürgermeisterin bei der Wahlveranstaltung im Rathaus 2014 vor ihrer Wiederwahl auf die Frage, wie sie sich die Zukunft von Ganderkesee wünscht: „Wir halten nichts von Wolkenkuckucksheimen!“

Und die CDU hielt natürlich auch nichts davon. Also gibt es kein Leitbild in der Gemeinde Ganderkesee und doch hier und da mal Versuche, irgendwie Ordnung in das Verwaltungshandeln zu bringen: Es gibt eine Prioritätenliste für Verkehrsmaßnahmen (Neddenhüsen steht seit den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf dieser Liste ganz oben!), jetzt den Auftrag für ein Verkehrsentwicklungskonzept und diese Woche wird ein Konzept für das Freibad vorgestellt. Und sonst: Baut man nun im Süden oder im Norden des Ortes weitere Einfamilienhäuschen oder Mehrfamilienblöcke? Wen will man in Ganderkesee anlocken? „Wohnhäuser in gehobener Ausstattung“ wie in Huder Leitbild beschrieben oder bezahlbare Wohnungen für Singles und kleine Familien? Der Gemeinderat entscheidet in Ganderkesee von Mal zu Mal. Und wie der Rat zu entscheiden hat, besprechen die Leitwölfe in der „Elefantenrunde“, das sind die Fraktionsvorsitzenden und die Verwaltungsspitze im vertraulichen Kreis. Und eines ist doch auch klar: Wenn es kein Leitbild gibt, muss der Leitwolf doch sagen, wo es lang geht, sonst verläuft sich die Herde. Viele Tiere unterwegs im Ganderkeseer Land!

Wenn man nur aus dem Leitwolf kein Problemwolf wird.

Herzlichst

Ulf Moritz

 

 

Quellen:

https://www.nabu.de/tiere-und-pflanzen/saeugetiere/wolf/wissen/15812.html

http://www.hude.de/leitbild.php

http://www.spd-ganderkesee.de/gemeinderat/wahlprogramm-2011/

 

3 Gedanken zu „Leitwolf oder Leitbild“

  1. Also ist es zwingend erforderlich für Ganderkesee ein Leitbild zu entwickeln. Wo komme ich her, wo gehe ich hin, diese Fragen müssen zwingend beantwortet werden will die Politik eine sinnvolle, zukunftsgewandte Politik machen! Keine Firma bekommt heute mehr Geld ohne Businessplan, aber eine Gemeinde wie Ganderkesee schlingert in die Zukunft. Dabei ist es gerade in einer Flächengemeinde dringend notwendig einen Rahmen für zukünftige Entscheidungen zu entwickeln um diese wenigstens einigermaßen steuern zu können. Ansonsten läuft man weiter hinter der Entwicklung her und versucht die entstandenen Sachzwänge einigermaßen in den Griff zu bekommen. Sachzwänge, die durch Entscheidungen geschaffen wurden, die der zufälligen Interesselage geschuldet sind ohne dass überprüft wurde, überprüft werden konnte, ob sie überhaupt passen und sinnvoll sind, welche Folgen sie nach sich ziehen. Die Zukunft wird so lediglich verwaltet statt sie sinnvoll gestalten zu können. Dass in so einem Leitbild wahrscheinlich auch drin stehen wird, die Gemeinde hat einen Hauptort mag an anderer Stelle schmerzen, ist aber lediglich der Wirklichkeit geschuldet. Ohne Leitbild dümpelt die Gemeinde ohne Fahrplan auf der Suche nach einem Fahrwasser vor sich hin. Ein Leitbild hingegen erleichtert Entscheidung, egal ob es sich um Baugebiete, Gewerbeansiedlungen, Infrastrukturmaßnahmen handelt. Daher ist es eine richtige Entscheidung, das Leitbild wieder ins Wahlprogramm der SPD aufzunehmen, egal ob es unter den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen, die offensichtlich lieber verwalten statt zu gestalten, realistisch oder nicht. Es ist einfach erforderlich, und dieser Erkenntnis werden sich die derzeitigen Gegner eines Leitbildes beugen müssen, ob sie es wollen spielt dabei keine Rolle.

    1. Hallo Gustav,
      Du hast vollkommen recht. Das Leitbild gehört ins Wahlprogramm. Vielleicht ist der Wahlkampf auch die geeignete Bühne, um ein Leitbild für die SPD in Ganderkesee zu entwickeln. Man nehme nur die Wahlkampfforderung nach bezahlbaren kleinen Wohnungen für Singles und kleine Familien. Wo sollen die hin, wie werden die Häuser verkehrlich angeschlossen, welche Infrastruktureinrichtungen müssen dort auch sein. Und zu guter letzt: Wer macht das jetzt! Wartet die Gemeinde bis ein Investor sich eine genügend hohe Rendite errechnen läßt oder beginnt sie selbst. (Es wäre nicht das erste mal!) Es wäre Zeit, dass die SPD in die Offensive geht! Nicht gegen irgendwen sondern für eine gute Sache!
      Gruß
      Ulf

Kommentare sind geschlossen.