Hallenbad

Nach der Wahl – Tarifflucht

Nun ist die Katze aus dem Sack: Die Unterlagen über die zu gründende Bäderbetriebs – GmbH stehen im Ratsinformationssystem und sind jedem zugänglich. Die Zusammenfassung ganz kurz:
Tarifflucht ist angesagt!

Ich habe wirklich selten erlebt, dass eine Gemeindeverwaltung so offenherzig niederschreibt, dass ihr die Tarifgebundenheit auf den Zeiger geht. So heißt es in der Beschlussvorlage: „Lt. Auskunft des Kommunalen Arbeitgeberverbandes bestünde im Falle des Betriebsübergangs nach§ 613a BGB auf die Gemeinde bei einseitiger Tarifgebundenheit der Gemeinde kein Anspruch der übernommenen Arbeitnehmer auf Übernahme in den öffentlichen Tarif (TVöD) im ersten Jahr. Nach Ablauf des ersten Jahres bestünde allerdings in jedem Fall Tarifgebundenheit. Hierdurch würden insbesondere Probleme bei der Beschäftigung von Aushilfskräften entstehen. Ohne den flexiblen Einsatz von Aushilfskräften wäre der Bäderbetrieb nicht wirtschaftlich zu führen. Im Rahmen des TVöD sind eine Jahresarbeitszeit und eine feste Entgeltgruppe festzulegen, was die Gefahr spürbarer Mehrkosten und einer sehr unflexiblen Handhabung birgt. Die Differenz zwischen dem (an Aushilfskräfte zu zahlenden) aktuellen Mindestlohn von 8,50 € und der TVöD-Entgeltgruppe 1 beträgt rd. 1,50 € je Stunde (ohne Arbeitgeberanteil an den Sozialversicherungskosten).“

Es geht um 13 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und insgesamt 14 Aushilfskräfte. Die sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die schon immer bei der Gemeinde angestellt waren, betrifft dies nicht. Wenn diese aus welchem Grund auch immer bei der Gemeinde aufhören, werden die neuen Arbeitskräfte dann auch bei der GmbH eingestellt.  Die ganze Beschlussvorlage kann man sich hier ansehen:beschlussvorlage_2016-152

Gegenüberstellung Regiebetrieb - GmbH in Bezug auf das Personal
Gegenüberstellung Regiebetrieb – GmbH in Bezug auf das Personal

Also: da keine Mitgliedschaft der GmbH im KAV (Kommunaler Arbeitgeberverband)  vorgesehen ist, kann der Geschäftsführer machen was er will. Er ist natürlich an den entsetzlichen gesetzlichen Mindeslohn gebunden. Das man sich traut, dass überhaupt zu erwähnen.

Es geht nicht nur um den gesetzlichen Mindestlohn. Tarife regeln auch: Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle, Urlaub, Kündigungsfristen, Arbeitszeiten und Überstundenvergütung und die betriebliche Altersversorgung. Diese 27 Mitarbeiter sollen nicht in den Genuß dessen kommen, was Gewerkschaften im öffentlichen Dienst und auch in anderen Branchen (Reinigungsbereich und Gaststättengewerbe) mühevoll erkämpft haben. Und in der Zukunft soll dies allen Mitarbeitern verwehrt werden.

Ist das der Weg, den die Verwaltung gehen will? Ist das der Weg den die Ratsmitglieder gehen wollen, ein paar Tage nach der Wahl? Raus aus den Tarifverträgen? Vielleicht sollte man auch die VHS in einen Zweckverband überführen, der nicht an den Tarifvertrag gebunden ist. Entschuldigung, das war etwas sarkastisch formuliert.

Aber was sind die Folgen?

  1. Die GmbH arbeitet mit Aushilfen: Ohne eine längerfristige Anstellung erwirbt man keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld und damit auch keinen Anspruch auf Schulungen, Weiterbildungen etc. Wer arm ist, bleibt arm, denn Bildung ist der einzige Ausweg aus der Langzeitarbeitslosigkeit.
  2. Aushilfen sind in der Regel auch geringfügig beschäftigt. Das bedeutet, sie brauchen aufstockende Leistungen von der Gemeinde!
  3. Aushilfen sind in der Regel weiblich. Soviel zur Altersarmut von Frauen.
  4. Die Beschäftigten, die wie es in der Vorlage so schön heißt, marktüblich bezahlt werden, haben keinen Anspruch auf eine betriebliche Altersrente, im öffentlichen Dienst VBL genannt.

Wer bei der GmbH beschäftigt ist, kommt früher oder später wieder bei der Gemeinde vorbei – weil er Geld zum Leben braucht!

Der Ausweg:

In den Gesellschaftervertrag kommt ein kleiner Zusatz:  Der § 1 erhält einen Absatz 3: Die Gesellschaft ist Mitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Niedersachsen. Das rettet zwar nicht alles, macht es aber doch ein bisschen besser! Und die Besucher von Bad und Sauna müssen kein schlechtes Gewissen haben.

Kann man ja mal darüber nachdenken. Bis zur Sitzung des (alten) Gemeinderates sind ja noch 14 Tage Zeit!

Herzlichst

Ulf Moritz

Alle Unterlagen: https://ganderkesee.ratsinfomanagement.net/startseite

Der Gesellschaftsvertrag: gesellschaftsvertrag_baeder
Der Vertrag zwischen Gemeinde und GmbH: vertrag-mit-der-gmbh
Der Vergleich Regiebetrieb der Gemeinde und GmbH:  vergleichrb_gmbh