Flurbereinigung ist ein belastetes Wort. Denn gelegentlich hatten diese Bereinigungen erhebliche Nebenwirkungen. Und nun macht die Gemeinde Ganderkesee Flurbereinigung im Welsetal. https://www.gemeindeganderkesee.de/flurbereinigungwelsetal.html Da macht man sich ja so einige Gedanken.
Ziel der Flurbereinigungsverfahren ist zunächst – wie auch auf der Homepage der Gemeinde zu lesen:
„Die Bewirtschaftung der landwirtschaftlichen Flächen wird in einzelnen Feldblöcken durch die bestehenden Eigentumsgrenzen erschwert. Durch eine Neuregelung der Eigentumsverhältnisse lassen sich wirtschaftlich besser nutzbare Flächeneinheiten erzielen.“
Bedeutet: Felder sind zu klein. Für große Maschinen müssen größere Felder her. Wenn ich da spazieren gehe: Die kleinsten Felder sind es eben nicht gerade. Aber sei es drum. Die Landwirte können in einem solchen Verfahren Grundstücke tauschen, ohne Grunderwerbssteuer zu bezahlen. Und das ist erstmal ökonomisch sinnvoll. Weiter schreibt die Gemeinde:
„Die vorhandenen Wege im Gebiet sind zudem überwiegend nicht auf die Erfordernisse an die nötigen Tragfähigkeiten für den neuzeitlichen landwirtschaftlichen Verkehr ausgerichtet. Die Gemeinde Ganderkesee ist daher bestrebt, die Erschließung der landwirtschaftlichen Flächen durch den Ausbau des vorhandenen Wegenetzes zu verbessern.“
Das bedeutet: Für immer größere Trecker und Maschinen solide Wege zu bauen. Die bezahlt natürlich die Gemeinde, kann aber in solchen Verfahren auch Zuschüsse bekommen. Große Trecker brauchen auch die BIO Höfe. Nur mal zur Klarstellung. Ich habe mal darauf verzichtet, hier einen der riesigen Traktoren mit noch größeren Güllefässern abzubilden. Denn dazu dienen die Flächen überwiegend: Grassillage (1) . Als ich am 4.9. durch die Gegend spaziert bin, gab es auf zwei Feldern ein paar junge Rinder und sonst nichts.
Nun ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass auch Fragen des natur- und Umweltschutzes bei den Flurbereinigungsverfahren zu berücksichtigen sind. Daher soll auch an der Welse etwas getan werden. Schreibt die Gemeinde:
„Die Gewässer „Welse“ und „Immer Bäke“ befinden sich im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie in einem mäßigen Zustand mit mäßigem Potenzial. Zur Gewässerentwicklung beabsichtigt die Gemeinde Ganderkesee nun als ersten Schritt, beidseitig ca. zehn Meter breite Gewässerrandstreifen anzulegen, in denen sich eine natürliche Gewässerentwicklung ergeben soll. “
Wie man auf dem Bild unschwer erkennen kann, gibt es aktuell keinen Gewässerrandstreifen. Das Feld geht praktisch in die Welse hinein. Und die Welse bahnt sich ihren Weg durch die Wiesen, als wäre ihr Verlauf mit dem Lineal vorgezeichnet worden. So sieht kein „normaler“ Flußlauf aus. Das scheint also auch mal eine Idee im Sinne des Naturschutzes zu sein. Das kann ja nur besser werden.
Alte Ganderkeseer berichten, dass es im Welsetal früher Störche gegeben habe. Sumpfige Wiesen, die kaum landwirtschaftlich genutzt werden konnten. Der NABU hätte seine Freude daran gehabt, wenn es ihn damals schon gegeben hätte.
Die Landwirtschaft verändert sich ständig und damit die Landschaft, die von ihr genutzt wird. Der Druck auf Landwirte, wirtschaftlich zu arbeiten, ist groß. Den Kompromiss zwischen den Interessen der Landwirte und denen des Landschaftsschutzes (Bodiversität, Artenvielfalt, Feuchtgebiete….) zu finden, wird schwierig. Kompromisse findet man allerdings nur, wenn man miteinander spricht. Insofern: Liebe Grüne im Rat der Gemeinde Ganderkesee: enttäuscht mich nicht. Setzt euch mit an den Tisch und begleitet den Prozess kritisch und kreativ.
Nur so ist ein Flurschaden durch Flurbereinigung zu vermeiden.
Herzlichst
Ihr Ulf Moritz
NWZ Artikel dazu: https://www.nwzonline.de/oldenburg-kreis/
1. Grassilage ist eine Silage aus Wiesen- oder Ackergras. Sie dient als Grundfuttermittel vor allem für Wiederkäuer sowie als Gärsubstrat in Biogasanlagen (Energiegras).