Jedes Mal derselbe Ärger: da haben wir eine ramponierte Straße, einen Schleichweg oder schlicht eine Straße, die heute mehr Verkehr aufnehmen muss als vor 30 Jahren. Also beschließen die Ratsmitglieder, diesen Weg zukunftsfähig auszubauen. Sie stellen auch Geld in den Haushalt ein. Und spätestens jetzt steht es in der Zeitung und es regt sich der Widerstand der Anwohner. Sie sollen nämlich zahlen, und das nicht zu knapp. Basis dafür ist die Satzung von 2.5.1980 „über die Erhebung von Beiträgen nach §6 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes für straßenbauliche Maßnahmen (Straßenausbaubeitragssatzung)“
Aktuelles Beispiel ist der Immer Weg. Hier wurde für den Ausbau im Nachtragshaushalt 2015 auch schon Geld bereitgestellt. Daraufhin regte sich Widerstand der Anlieger, die nicht einsehen wollten, warum sie für den Ausbau der Straße zahlen sollten, den überwiegend der landwirtschaftliche Verkehr mit schweren Traktoren und die Busse, die zum Sportplatz fahren, nötig machten. Und was passiert: Rat und Verwaltung erschrecken ob des Widerstandes und lassen den Vorgang in der Schublade verschwinden. So war am 2.8.16 in der NWZ zu lesen, dass der „Ausbau frühestens 2020 – wenn überhaupt“ erfolgt.
Da wird in der NWZ dann darauf verwiesen, dass der neue, am 11.9. zu wählende Gemeinderat ja vielleicht anders entscheiden könne.
Was mich daran ärgert? Vier Punkte finde ich merkwürdig. Ich fange mal mit dem geringsten an:
- Ein Gemeinderat beschließt etwas, welches dann nicht umgesetzt wird, weil ja der neue Gemeinderat anders entscheiden könnte. Hätte der alte ja besser garnicht mehr entschieden – so kurz vor der Wahl.
Frage dazu: Wie lang ist eigentlich der Zeitraum, in dem Beschlüsse vor einer Wahl nicht mehr umgesetzt werden? In diesem Fall sind es ja schon mindestens anderthalb Jahre – vom Sommer 2015 bis zur konstituierenden Sitzung des neuen Rates, die erfahrungsgemäß im November stattfinden wird. Da kann man den alten Rat ja gleich für diesen Zeitraum nach Hause schicken. - Warum hat man mit den Anliegern nicht vorher gesprochen. So eine Vorbereitung kostet viel Geld. Geld für Planung, Kostenschätzungen, Ausschusssitzungen zur Vorbereitung etc. Das hätte man sich sparen können, wenn das Veto von 15 Anliegern den Beschluss schon zu Fall bringen kann. Abgesehen davon ist doch eine frühzeitige Bürgerbeteiligung immer gut – oder nicht?
- Wenn das ganze Planungsverfahren jetzt eventuell in „Tonne gehauen“ wird, war die Planung denn überhaupt nötig? Hatte man gute Argumente für den Ausbau oder war das eine Schnapsidee? Sollte man ja fast meinen, wenn die Argumente ein Jahr später nichts mehr wert sind
- Das was am Immer Weg gerade passiert, ist ja kein Einzelfall. Die Proteste der Anlieger kann ich gut verstehen. Die Straßen werden nicht nur von den Anliegern genutzt. Wer zahlt schon gern für andere. Nach § 4 der genannten Satzung werden die Anliegerbeiträge zwar nach Art der Straße gestaffelt von höchstens 75% bis minimal 30% der Kosten. Aber diese Regelungen werden immer umstritten sein. Schon die Einstufung einer Straße birgt den ersten Ärger: Wer sagt denn, dass eine Straße „überwiegend dem Anliegerverkehr dient“? Ist die schon berühmte Straße „Neddenhüsen“ eine solche Straße? Oder ist sie doch ein Schleichweg für den überwiegend „innerörtlichen Verkehr“? Das wären im ersten Fall 70% der Kosten, im zweiten nur 40%, die die Anlieger zu tragen haben. Diese nun 36 Jahre alte Satzung ist reif „für die Tonne“.
Deshalb meine Anregung: Der neue Rat sollte sich nicht mit der Straße „Immer Weg“ befassen, sondern die 36 Jahre alte Satzung insofern ändern, als das der Ausbau von Straßen zu 100% aus dem Haushalt der Gemeinde zu zahlen ist.
Die Straßen sind für alle da. Deswegen sollen auch alle die Straßen bezahlen.
Ende des Ärgers.
Herzlichst
Ulf Moritz
Alles was vom Immerweg kommt nutzt den Neddenhüsen um die Ampeln im Dorf zu umgehen.
Ich sehe die Sache mit der gleichen Meinung. Straßen sind für alle da.
Soviel ich weiß, kann man das nicht mal eben so ändern. Das niedersächsische Kommunalabgabegesetz verpflichtet zur Umlage auf die Anwohner. Also müsste man erst in Hannover die Weichen für eine Änderung stellen.
Mal eben ändern geht leider in den meisten Fällen nicht. Aber man sollte – meiner Meinung nach – das Thema mal anpacken. Ich behaupte ja auch nicht, dass mein Vorschlag der Weißheit letzter Schluss sei. Aber der permanente Ärger, den wir jetzt haben und der regelmäßig dazu führt, dass nichts getan wird, verdient es, dass wir über Änderungen diskutieren!
Ulf Moritz
Ich habe noch mal nachgesehen. Im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz §6 Beiträge lese ich folgendes:
„Die Gemeinden und Landkreise können zur Deckung ihres Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Einrichtungen Beiträge von den Grundstückseigentümern erheben, denen die Möglichkeit der Inanspruchnahme dieser öffentlichen Einrichtungen besondere wirtschaftliche Vorteile bietet, soweit nicht privatrechtliche Entgelte erhoben werden.“
Für mich heißt können nicht müssen. Aber ich bin kein Jurist. Und Recht wird beschlossen und ist änderbar.
Ulf Moritz