Melkhus in Bürstel

Richtige Milch!

Klagen gehört zum Geschäft der Interessenvertreter – in jeder Branche. Und so bereiten wir uns schon auf das jährliche Ritual vor, in dem der Bauernverband und die Landwirtschaftskammer verkünden, dass es dieses Jahr eine schlechte Ernte wird. Es war zu kalt, zu heiß, zu nass, zu trocken, der Frühling kam zu früh bzw. zu spät. Dazu kommen die Absatzprobleme wegen des Russlandembargos, dem Konjunktureinbruch in China und überhaupt der Weltwirtschaft. Und deswegen gibt es zuviel Milch.

Islandponys
Islandponys auf dem Bellershof

Es ist schon richtig, dass ein Verband auf die unübersahbaren Probleme einer Branche hinweißt. Aber eines ist auch klar, wir leben in einer freien Marktwirtschaft und die Freigabe der Milchquote im letzten Jahr wurde von vielen Landwirten begrüßt! So weit – so schlecht. Aber es wird ja nicht immer gejammert, es geht auch anders und das zeigen viele Landwirte gerade in der Gemeinde Ganderkesee. Sie werden kreativ. Dann mutiert ein Bauer zum Mönch und veranstaltet bei seiner Klosterkapelle Klosterfeste. Ein Melkhus steht neben der Kapelle auf dem Hof in Bergedorf wie an zwei weiteren Orten in der Gemeinde auch. Da wachsen Biogasanlagen und Windmühlen und bringen eine ganz neue Einnahmequelle: Energie. (Und schon wird von Nachbarn gemeckert). Auf einmal weiden in Bürstel Islandponys und Alpakas und schaffen eine ertragreiche Landwirtschaft auf kleiner Fläche.

Modell der Klosterkapelle
Modell der Klosterkapelle

Eine Idee hat mir besonders imponiert. Es geht um den Milchpreis, beziehungsweise um dass, was die Milchbauern für einen Liter bekommen – 20 Cent. Bekanntermaßen brauchen sie, um ihre Kosten zu decken, rund 40 Cent. Etliche haben schon die Mildproduktion aufgegeben. Nur noch die großen Betriebe mit genügend Rücklagen haben die Hoffnung, diese Krise zu überleben und irgendwann mal wieder auskömmliche Erträge zu haben. Und dann sind die kleinen Höfe schon lange tod.

Milchtankstelle
Milchtankstelle zum selber zapfen

Also muss man sich was einfallen lassen. Und seit ein paar Tagen kann man das Ergebnis sehen und benutzen. Es gibt die erste Milchtankstelle in Ganderkesee: bei Fortmanns auf dem Alpakahof, der auch ein Milchhof ist. Hier kann man selbst seine Milch tanken. Gegen entsprechenden Geldeinwurf wird Milch in die mitgebrachte Milchkanne – (gibt es noch eine von Oma? Nur gründlich auswaschen!) gefüllt. Wo keine Kanne mehr vorhanden ist, muss man nicht verweifeln. Man kann auch eine Milchflasche kaufen. Dieses Prinzip hat zwei Vorteile: Ersten bekommt die Familie Fortmann eine ordentliche Vergütung und zweitens bekomme ich eine gute Milch, gefiltert und gekühlt aber sonst unbehandelt. Daraus kann man noch richtig Dickmilch machen – wer es noch kennt! Milch aus dem Supermarkt ist mehrfach behandelt und wird mit der Zeit einfach nur schlecht. Es ist auch kaum noch Sahne drin. Hier kriegt man wieder richtige Milch. Und die schmeckt. Entschuldigung, ich fange an zu schwärmen.

Ich weiß, auch mit der Milchtankstelle allein wird kein Milchbauer gerettet. Aber kreativ nach anderen Produkten suchen – eben richtige Milch – und diese direkt vermarkten, das finde ich klasse. Es ist ein kleiner Schritt in die Richtung, die ich mir für die Landwirtschaft wünsche: Gute Produkte zum faieren Preis an die Verbraucher zu bringen. Aldi und Lidl werden auf diesem Weg nicht helfen. Das müssen die Landwirte schon selber tun und wir Verbraucher – wir können uns mal das Gute gönnen und die Billigprodukte liegen lassen.

Ich wünsche allen Landwirten, die so neue Wege suchen, viel Erfolg.

Herzlichst

Ulf Moritz

 

4 Gedanken zu „Richtige Milch!“

  1. Was kostet denn ein Liter dieser „sagenhaften“ Milch – die noch nach Milch schmeckt ??
    ……..und du bist nicht prozentual dran beteiligt ?!

    1. Die Milch kostet 1€ der Liter. Ich bin nicht beteiligt und werbe für die Nutzung weil der erwähnte Betrieb in Elmeloh aufgegeben hat. Die Situation der Milchbauern ist beschissen. Leider.

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