Wie zynisch ist das denn?

Stromspreiserhöhung bei der EWE ab 1.2.2018

Wie titelte die NWZ heute: „Durchschnittshaushalt spart 40 Euro“. Untertitel: „EWE senkt Strompreis pro Kilowattstunde – Grundpreis wird erhöht – Erdgas bleibt stabil.“

So kann man es auch verkaufen. Tarif bei Stromclassic derzeit: Grundpreis 136,35 Euro Preis pro Kilowattstunde 27,00 ct. Tarif ab 1.2.2018: Grundpreis 167,79 Euro und die Kilowattstunde 25,03 Cent.

Das macht in der Tat für den Durchschnittshaushalt  mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch im Jahr einen Gesamtpreis   1.043,84 €  oder 37,74 Euro weniger als bisher. Wenn man bei der Rechnung alle Zwischenschritte großzügig im Sinne der EWG rechnet kann man auf die in der Beispielrechnung der NWZ angegebenen 40 Euro kommen. Und dann kommt der schlichte Schlusssatz: „Bei Kleinverbrauchern frisst die höhere Grundgebühr die mögliche Ersparnis pro Kilowattstunde auf.“

Es gibt in Deutschland tatsächlich Menschen, die sind aus Überzeugung oder aus Not „Kleinverbraucher“. Man kann die Grenze beim Tarif Classic ganz genau benennen:

Wer weniger als 1585 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, zahlt drauf. Das trifft vor allem Singlehaushalte. Davon gibt es immer mehr, davon sind viele arme und alte Menschen. Wir beklagen seit Jahren die zunehmende Altersarmut.

Die EWE rühmt sich, ja beinahe ein kommunales Unternehmen zu sein, weil so viele Kommunen Anteilseigner sind.  Soll bedeuten: „Wir sind nicht die Raffkes wie die anderen Energiekonzerne. Wir tragen eine energiepolitische Verantwortung.“

Erstmal grundsätzlich: Wer den Grundpreis erhöht und den Arbeitspreis pro Kilowattstunde senkt, fördert die, die mehr Strom verbrauchen und bestraft die, die sich um die Reduzierung des Stromverbrauchs bemühen. Das genau das Gegenteil von dem, was wir angesichts des Klimawandels unterstützen sollten. Stromsparen sollte belohnt werden und das geht nur darüber, dass der Grundpreis am besten ganz wegfällt und jeder nur das bezahlt, was er tatsächlich verbraucht.

Zum anderen: Singlehaushalte haben denselben Grundpreis zu zahlen, wie die, in denen mehrere Menschen leben. Singles sind nicht immer freiwillig Singles. Ich kann mich nur wiederholen: Alt, arm und allein- ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft.

Da kann man noch was rausholen!

Dabei fällt mir auf: Vielleicht ist da ja ein familienpolitischer Hintergedanke dabei: die Singles sollen endlich zusammenziehen: Wohngemeinschaften, heiraten, Alten – WG. Dann profitieren auch diese Menschen von der Tarifänderung der EWE, die keine Strompreissenkung ist. Aber mal ehrlich: Ich glaube nicht an so viel gesellschaftspolitischen Ehrgeiz bei der Führung der EWE. Auch wenn Kommunalvertreter in den Aufsichtsgremien sitzen.  Ich glaube vielmehr, dass einfach der Anteil der Singlehaushalte unter den EWE Kunden so gestiegen ist, dass man eine geschickte Tarifänderung braucht, die als Geschenk daherkommt und die Profite sichert.

Also bleibt mir nur, mich über so viel perfide Strategie zu ärgern.

Herzlichst

 

Ulf Moritz

 

 

https://www.nwzonline.de/wirtschaft/weser-ems/oldenburg-anpassung-ab-1-februar-2018-ewe-senkt-strompreis_a_50,0,1322681126.html

 

 

 

2 Gedanken zu „Wie zynisch ist das denn?“

  1. Hallo Ulf,

    ja, die EWE hatte noch nie eine soziale Ader. Bei einem Unternehmen, das zu hundertprozent in öffentlicher Hand ist, ist das natürlich etwas befremdlich. Naja, da haben wir halt schon sehr lange die Groko und die Verantwortlichkeiten der zuständigen Politiker werden über eine unnötig komplizierte verschachtelte Gesellschaftsstruktur vernebelt.

    Ich würde aber eher für die Einführung eines Sozialtarifs plädieren. Es ist heute ja allgemein bekannt, dass nur weil alle gleichbehandelt werden, dass das noch lange nicht gerecht ist.

    Dass die NWZ da nicht kritischer darauf eingeht…die EWE ist der größte Werbekunde der NWZ…da kann man nicht so viel erwarten…

    Viele Grüße
    Martin

    1. Hallo Martin,
      Danke für Deinen Kommentar! In einem Punkt muss ich aber eine Anmerkung machen: In Anbetracht unserer Klimaschutzziele sollten wir keinen Sozialtarif fordern, sondern mehr Unterstüzung bereitstellen, um Haushalten mit geringem Einkommen bei dem Einsparen von Energie unter die Arme zu greifen; wie eben der Stromspar-Check dies ja auch tut. Da einkommensschwache Familien und / oder Singles meist zur Miete wohnen, bedeutet dies auch einen erhöhten Druck auf die Vermieter zur Modernisierung der von ihnen vermieteten Wohnungen bei gleichzeitiger Gewährung von Finanzhilfen aufzubauen. So haben die Mieter eine Entlastung und die Vermieter einen Anreiz, moderne Technik einzubauen.
      Viele Grüße
      Ulf

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