Manchmal können einem die Ratsmitglieder auch leidtun. Sie sitzen zwischen allen Stühlen und sollen entscheiden, nein müssen entscheiden. Manche wollen das auch, andere wiederum wollen lieber vertagen. So auch jetzt wieder beim Thema Marktplatz.
Thema Marktplatz? Geht es nicht nur um den östlichen Teil des Marktplatzes? Um den Teil, für den Herr Kreye einen Entwurf gemacht hat und dessen Gestaltung so ungefähr zu den 400.000 Euro passt, die zufällig in dieser Höhe im Haushalt sind?
Sehen Sie, geneigter Leser, da beginnt das Problem ja schon: Große Entscheidungen oder nur eine kleine, die uns aber doch bitte keine Option auf die Zukunft verbaut. Auf welche Zukunft?
Dann ist da noch der Termindruck: Frau Bürgermeisterin möchte das Thema vor dem Wahlkampf abschließen, sonst dauert das doch noch ewig mit einer Entscheidung.
Damit niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß, entscheiden wir das in einer vertraulichen VA Sitzung. Ach nee. Das war ja ein anderes Märchen. Nur eines ist sicher, wie auch immer in vertraulicher Runde am 11.5. entschieden werden wird, es wird geschimpft werden und es wird spekuliert werden, welches Rumpelstilzchen nun warum für was gestimmt hat.
Aber nun mal ernsthaft: es gibt doch einen Weg aus dieser Misere. Einen Weg, der mitnichten alle zufrieden stellt, denn zu unterschiedlich sind die Vorstellungen allein schon bei der Frage: Hat Ganderkesee Parkplätze satt? Aber eben einen Weg, der die Diskussionsstränge zusammenbringt, verständlich macht.
Es gibt eine Vorausstzung dafür und die scheint mir in Ganderkesee erfüllt: Man kann auf die Vernunft der Bürger vertrauen. Warum? In der Veranstaltung am 3.5. beendete der Fachbereichsleiter Peter Meyer die Anhörung unter anderem mit dem Satz (sinngemäß): Er freue sich über den Umgang der Anwesenden miteinander. Jeder hätte ausreden dürfen. Jeder wäre zu Wort gekommen. Jeder wäre angehört worden. Das mache ihn optimistisch für den weiteren Entscheidungsgang.
Meine Folgerung aus dem Erlebnis: Die Bürger werden auch eine Entscheidung akzeptieren, wenn sie Gründe für diese Entscheidung nachvollziehen können.
Das bedeutet natürlich, dass diese Gründe öffentlich dargelegt werden, wenn weiter dargelegt wird, warum ein Argument für wichtiger gehalten wurde als das andere.
Was sie sicher nicht akzeptieren werden, ist die Begründung: wir diskutieren schon so lange und wollen das Thema Markt endlich vom Tisch haben. Ist ja kein sachlicher Grund für eine Ausgabe von 400.000 Euro.
Aber wie findet man eine sachliche Entscheidung? Ich darf mal zitieren:
Beschreibung
Um Entscheidungen treffen zu können, brauchen Sie zunächst klare Ziele, eine Vorstellung von den erzielbaren Ergebnissen und Bewertungskriterien. Sie können die Bewertungskriterien miteinander vergleichen und gewichten. So erkennen Sie, ob Ihre Auswahl ausgewogen ist, alle Ziele abdeckt und Ihren Bedarfen entspricht. (1)
Das ist ein Angebot einer Firma für den Erwerb von Arbeitsmaterialien zur systematischen Entscheidungsfindung. Aber die wichtigsten Schritte zur Vorbereitung einer Entscheidung sind in dieser Anzeige schon aufgezeigt:
Ziele definieren und anhand von Bewertungskriterien gewichten.
Aber was tue ich hier? Ich schreibe etwas auf, was jeder Mensch kennt, der mal eine Entscheidung treffen musste. Egal ob Berufswahl, Autokauf oder Hochzeit, es ist immer dieselbe Frage: Was will ich erreichen, welches Ziel gehe ich als erstes an, was muss ich einsetzen
Genau ist das, was ich am Verwaltungsvorschlag vermisse: Welche Zielvorstellung verfolgt man mit der Gestaltung des östlichen Teils des Marktplatzes? Soll damit wirklich jemand dazu gelockt werden, von Famila zur Rathausstraße zu gehen? Weder die Rathausstraße noch den hübsch gestalteten Marktplatz kann dieser Jemand von Famila aus sehen.
Also was tun liebe Ratsmitglieder?
Fordern sie die Verwaltung doch mal! Fragen Sie die Verwaltung: Was soll aus dem „alten“ Ortskern werden? Wie soll das erreicht werden? Wer außer der Gemeindeverwaltung muss da mitspielen? (Das sind nur die Fragen, die mir spontan einfallen. Sie haben sicher noch mehr, es sei denn, Sie gehören zu denen, die das Thema einfach nur vom Tisch haben wollen, aber das glaube ich ja nicht.)
Ich glaube, die Verwaltung wird die Antworten auf diese Fragen gern mit Ihnen erarbeiten. Da steckt mehr drin, als die Gestaltung eines hübschen Platzes. Das ist die Gestaltung der Zukunft unseres Ortes.
Und die Bürger? Sie werden eine so fundiert getroffene Entscheidung sicher mittragen, auch wenn es nicht ganz das ist, was sich der einzelne gewünscht hat.
Herzlichst
Ulf Moritz
- http://www.business-wissen.de/kapitel/entscheidungsfindung/ Hier findet man den oben zitierten Absatz. Es gibt tausende von Veröffentlichungen zur systematischen Entscheidungsfindung in jedem Lebensbereich
Wiedermal gut geschrieben. Es wäre auch interessant, zu erfahren:
Was hat Herr Kreye für den Entwurf bekommen?
Wird die Fa. Kreye den Entwurf um setzen ?
Ist da evtl. ein gewisser Klüngel am Werk ?
Ist eine sachliche Entscheidung überhaupt möglich ?
Warum müssen die 400.000€ im vollen Umfang ausgegeben werden? Oder gehts nicht für die Hälfte? Oder könnte ein Sponsor gefunden werden?
Ach ja, der Zeitdruck derWahl ! Schade.
Eine Antwort auf Ihre Fragen ist klar: Wer einen Entwurf fertigt kann entsprechend der Vergaberichtlinien nicht an der Ausschreibung dieses Projektes teilnehmen. Deswegen ist es auch nur fair, den ordentlich zu bezahlen, der einen Entwurf macht. Auch da steckt ja echte Arbeit drin!
Herzlichst
Ulf Moritz
Lieber Ewald Razek, 400.000 sind schon die Hälfte von dem, was eigentlich kalkuliert war! Den Etat noch mehr beschneiden? Nein, Danke!
Für mich gibt es eine Zielfrage an Politik ,Verwaltung und Bürger: Will die Gemeinde noch den kleinflächigen Einzelhandel im Ortskern??(Firmen die Veranstaltungen planen, Vereine unterstützen und für einen lebendigen Ort öffnen). Wenn ja würden wir uns auf Unterstützung freuen und zu klaren Bekenntnissen.
Hallo Renate, das wäre ein Ziel. Wohnstraße mit Grünflächen wäre ein anderes. Leider sehe ich bisher nicht, dass sich jemand die Mühe macht, die Ziele aufzuschreiben, zu gewichten und zu entscheiden. Ich hoffe, dass ein neues Nachdenken stattfinden wird.
Herzlichen Gruß
Ulf Moritz