Die Wahl ist vorbei, die Sitze sind verteilt, die Kommentare gesprochen. Die Neugewählten freuen sich auf die Arbeit, jetzt wird alles besser. Die Wiedergewählten sagen: Weiter so. War doch alles ganz gut. Ein bisschen Publikumsbeschimpfung war auch zu hören, der Wähler hat halt nicht verstanden, wie gut wir waren.
Wir sind noch mal davon gekommen, die AfD war zum Glück in Ganderkesee nicht angetreten und im Landkreis hat sie „nur“ 7,8% geholt und nicht wie Delmenhorst über 15%.
Dann können wir ja die Wahlplakate einsammeln und zur Tagesordnung übergehen. Es gibt ja so viel zu tun. Die Organisationsform der VHS ist zu besprechen, der Ortskern zu retten, das Freibad zu sanieren, eine GmbH fürs Bad zu gründen, ein Kindergarten zu bauen, ein Hort zu erweitern, ein Feuerwehrwehrgerätehaus zu planen. Der Alltag ruft. Ach ja: Posten sind zu vergeben. Bleibt Christel Ziesler stellvertretende Bürgermeisterin und Gerd Brand Ratsvorsitzender?
Zeit zum Nachdenken? Wieso das denn? Worüber denn?
Na zum Beispiel könnte man darüber nachdenken, warum nur 55% der Wahlberechtigten zur Wahl gegangen sind. Wäre die Wahlbeteiligung höher gewesen, wenn wie in Meck-Pomm hier auch die AfD kandidiert hätte?
Nirgends sind die Auswirkungen der poltischen Entscheidungen direkter zu spüren als in den Gemeinden. Hier geht es um die Belange der Einwohner: Wo wird was gebaut (bezahlbarer Wohnraum), wie wird der Verkehr gelenkt (Lärm und Gestank), was tun wir für die Bildung der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen? Nirgends ist die Wahlbeteiligung so schlecht, wie bei der Kommunalwahl.
Meine These: Man hält die Parteien für überflüssig. Wenn ich was erreichen will, mach ich eine Unterschriftensammlung, eine Bürgerinitiative, gehe zu Sprechstunde der Bürgermeisterin. Wenn ein größeres Problem mit den Bürgern diskutiert werden soll, wird die Gemeindeverwaltung aufgefordert, eine Bürgerversammlung zu machen. Die Parteienvertreter sitzen dann brav dabei, halten den Mund oder schimpfen auf die Verwaltung. Und wenn die Initiative Trendelbuscher Weg nur hartnäckig genug ist, dann wird sie sich auch irgendwann durchsetzen. Damit mal endlich Ruhe ist.
Die Parteien wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit. (Artikel 21 des Grundgesetzes). Sie sollen weder ihr Fähnchen nach dem Wind (des Volkes) hängen noch der Abnicker der Verwaltung sein.
Und das heißt für Ganderkesee: Nimm mal das Tempo raus. Lasst euch nicht von der Verwaltung treiben und lasst mal eine Diskussion der Partei mit den Bürgern zu. Diskutiert auch mal kontrovers. Ein Sachverhalt hat meistens mehr als zwei Seiten. Und da kann auch mal ein Thema auf einer Versammlung der CDU anders behandelt werden als bei der SPD oder sonst wem. Das ist doch kein Weltuntergang, wenn man sich gegenseitig erstmal zu Gute hält, dass jedes Rats- und jedes Parteimitglied das Beste für die Gemeinde und seine Bürger will.
Wer sich davor scheut, der macht sich wirklich überflüssig.
In diesem Sinne: allen gewählten Ratsmitgliedern viel Erfolg bei ihrer Arbeit – für uns alle.
Herzlichst
Ulf Moritz
Hast ja recht.
Lieber Ulf, du hast 2 für mich Nicht-Ganderkeseer wichtige Punkte benannt:
1. Den notwendigen – auch kontroversen- Dialog mit de(r)m Bürger/in
2. Die Tatsache, dass nicht das „verschieben“ von Posten u. Pöstchen zentrale Aufgabe von Kommunalpolitik sein darf.
Lass uns darüber diskutieren, wie es gelingen kann, dass in die Tat um zu setzen.
Hallo Helmut,
über Punkt 1 würde ich gern diskutieren. Nr. 2 ist ja ein notwendiges Übel des Überganges nach einer Wahl.
Aber Punkt 1. Ratsmitglieder und Bürger diskutieren, wie man miteinander umgeht, was man voneinander erwartet – das wäre in der Tat spannend. Vielleicht muss man einfach mal zu einer Gesprächsrunde einladen. Ohne Presse!
Gruß Ulf